Region Hannover
29.07.2022 Allgemeinverfügung der Region Hannover über die verpflichtende Nutzung des digitalen Meldeportals
zur Erfüllung der Benachrichtigungspflichten nach § 20 IfSG im Regionsgebiet
Az. 53.80 - 3/2022
Die Region Hannover erlässt für das gesamte Gebiet der Region Hannover gemäß § 10 VwVfG in Verbindung mit § 16 Absatz 1 IfSG folgende
Allgemeinverfügung:
1. Die im Gebiet der Region Hannover liegenden Einrichtungen und Gemeinschaftseinrichtungen nach § 20 Absatz 8 Satz 1 IfSG sind verpflichtet, die Benachrichtigung nach § 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG an das Gesundheitsamt der Region Hannover ab dem 01.08.2022 über das digitale Meldeportal https://www.mebi-niedersachsen.de/ durchzuführen.
2. Sofern eine Einrichtung oder eine Gemeinschaftseinrichtung mehr als 50 Benachrichtigungen zugleich abzugeben hat, kann sie die Benachrichtigungen - ausschließlich nach vorheriger Zustimmung des Gesundheitsamtes - auf einem anderen digitalen Weg übermitteln.
Sofern in Einzelfällen eine Nutzung des digitalen Meldeportals aus technischen oder persönlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar ist, kann die Benachrichtigung - ausschließlich nach vorheriger Zustimmung des Gesundheitsamtes - auf einem anderen Weg erfolgen.
3. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tage nach der Bekanntmachung als bekanntgegeben und tritt am 01.08.2022 in Kraft. Sie gilt bis zum 31.01.2023.
Hinweise:
1. Das Gebiet der Region Hannover besteht aus folgenden Städten und Gemeinden:
Stadt Barsinghausen, Stadt Burgdorf, Stadt Burgwedel, Stadt Garbsen, Stadt Gehrden, Landeshauptstadt Hannover, Stadt Hemmingen, Gemeinde Isernhagen, Stadt Laatzen, Stadt Langenhagen, Stadt Lehrte, Stadt Neustadt am Rübenberge, Stadt Pattensen, Stadt Ronnenberg, Stadt Seelze, Stadt Sehnde, Stadt Springe, Gemeinde Uetze, Gemeinde Wedemark, Gemeinde Wennigsen, Stadt Wunstorf.
2. Die Benachrichtigung nach Ziffer 1 hat gemäß § 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG unverzüglich nach dem Eintreten der jeweils im Gesetz genannten Umstände zu erfolgen. Eine Benachrichtigung, die erst mehr als 14 Tage später erfolgt, wird nicht mehr als unverzüglich angesehen. Wenn an Schulen und in Kindertageseinrichtungen sowie Kindertagespflegestellen die Nachweise bisher nicht angefordert wurden, ist die Vorlage und Kontrolle der Nachweise und die Meldung an das Gesundheitsamt unverzüglich nach Ferienende/ Ende der Schließzeiten nachzuholen.
3. Diese Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes gemäß § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar. Eine Klage hat somit keine aufschiebende Wirkung.
4. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgt über die Internetseite www.bekanntmachungen.region-hannover.de.
5. Ordnungswidrig gemäß § 73 Absatz 1a Nr. 7 a) IfSG handelt, wer entgegen § 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG eine Benachrichtigung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt. Der Verstoß kann gemäß § 73 Absatz 2 IfSG für jeden Einzelfall mit einer Geldbuße von bis zu 2.500,00 € geahndet werden.
Begründung:
Die Region Hannover ist nach § 2 Absatz 1 Nr. 2, § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 NGöGD in Verbindung mit § 3 Absatz 3 NKomVG zuständige Behörde im Sinne des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der derzeit geltenden Fassung. Sie ist somit für die Umsetzung des § 20 IfSG zuständig.
Zu Ziffer 1:
§ 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG enthält die Verpflichtung der dort genannten Personengruppen, die in § 20 Absatz 9 Satz 1 IfSG aufgezählten Nachweise vorzulegen. Diese Verpflichtung dient einer effizienten Implementierung der in § 20 IfSG vorgesehenen Impf- und Nachweispflicht und damit unmittelbar dem Schutz von besonders vulnerablen Personengruppen wie Säuglingen und immungeschwächten Personen. Mit hohen Impfquoten in Deutschland wird darüber hinaus der Verpflichtung Rechnung getragen, nicht Auslöser für Masern-Ausbrüche in Ländern mit noch niedrigeren Impfquoten zu sein Dazu ist eine zeitnahe Identifizierung der Personen, die keinen Nachweis nach § 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG vorgelegt haben, erforderlich.
Der Region Hannover steht nach § 10 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) grundsätzlich ein Verfahrensermessen zu. Danach gelten für Verwaltungsverfahren die Grundsätze der Nichtförmlichkeit, der Einfachheit, der Zweckmäßigkeit und der Zügigkeit. Nach § 10 Satz 1 VwVfG ist die Behörde bei der Durchführung des Verwaltungsverfahrens also grundsätzlich nicht an bestimmte Formen gebunden. Dieser Grundsatz ist nicht im Sinne eines Formverbots zu verstehen, denn behördlicherseits aufgestellte formelle Anforderungen können der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens dienen.
Die Verpflichtung der von § 20 IfSG umfassten Einrichtungen und Gemeinschaftseinrichtungen (im Folgenden insgesamt „Einrichtungen“ genannt) zur Nutzung des digitalen Meldeportals dient gerade der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens. Das Infektionsschutzgesetz selbst sieht keine besonderen Formvorschriften für die Benachrichtigung und Datenübermittlung nach § 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG vor.
Das Land Niedersachsen stellt das Meldeportal zur Verfügung, dessen Nutzungspflicht mit dieser Allgemeinverfügung geregelt wird. Durch die Nutzung des Portals wird sichergestellt, dass die Einrichtungen alle notwendigen einrichtungs- und personenbezogenen Daten mitteilen. Zudem können diese Informationen aus dem Portal direkt in die Datenbanken des Gesundheitsamtes zur weiteren Verarbeitung übernommen werden, was die Gefahr von Übertragungsfehlern reduziert. Das zeitaufwändige Zusammentragen und Eingeben von Daten, durch das zudem erhebliche Personalkapazitäten gebunden würden, entfällt bei der Nutzung des Portals.
Dieser zeitliche und organisatorische Vorteil lässt auch die verbindliche Nutzungspflicht - im Gegensatz zu einem unverbindlichen bloßen Angebot der Nutzung des Meldeportals - verhältnismäßig erscheinen. Es ist damit zu rechnen, dass eine große Anzahl an Einrichtungen jeweils eine oder mehrere Benachrichtigungen abgeben werden. Wenn die Form und der genaue Inhalt der Benachrichtigungen freigestellt blieben, wäre die weitere Bearbeitung dieser Benachrichtigungen im Gesundheitsamt nur mit erheblichen Verzögerungen möglich, weil die Daten zunächst aufbereitet und ggf. vervollständigt werden müssten. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Durchsetzung der Impf- und Nachweispflicht, die dem Schutz vulnerabler Gruppen dienen soll, würde in dem Fall ganz erheblich erschwert, der Schutzzweck drohte vereitelt zu werden. Hingegen fällt der Zeitaufwand für die einzelnen Einrichtungen und Personen für die Nutzung des Meldeportals im Verhältnis nicht ins Gewicht, da die Daten für die Meldung an das Gesundheitsamt ohnehin zusammengestellt und zur Übermittlung verschriftlicht werden müssen. Ob den Einrichtungen durch die Nutzung des Meldeportals überhaupt ein höherer Zeitaufwand entsteht als bei einer Meldung auf einem anderen Weg, lässt sich nicht allgemein feststellen.
Besonderen Umständen einzelner Einrichtungen und Personen kann über die Ausnahmen nach Ziffer 2 Rechnung getragen werden.
Nach den Angaben des Landes Niedersachsen, das das Portal konzipiert hat, kann die Benachrichtigung nachträglich bearbeitet und seitens der Einrichtung mit einer kurzen Stellungnahme auch für erledigt erklärt werden, etwa wenn ein Nachweis nach erfolgter Benachrichtigung doch noch bei der Einrichtung vorgelegt wird oder wenn die betroffene Person nicht mehr dort tätig ist. Hierbei fällt der Arbeitsaufwand für die Einrichtung nach Einschätzung der Region Hannover sogar geringer aus, als wenn die Änderung oder Erledigungsmitteilung auf einem anderen Weg übermittelt würde.
Rechtsgrundlage für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten ist § 16 Absatz 1 Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 20 Absatz 12 IfSG. Wenn der Nachweis nach § 20 Absatz 9 Satz 2, Absatz 9a Satz 2, Absatz 10 Satz 2 oder Absatz 11 Satz 2 IfSG nicht bis zum Ablauf der für die einzelnen Personengruppen jeweils genannten Fristen vorgelegt wird oder Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder Gemeinschaftseinrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder Gemeinschaftseinrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten (§ 2 Nummer 16 IfSG) zu übermitteln. Die Datenübermittlung und Verarbeitung erfolgt insoweit auf der Grundlage des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe i der DS-GVO. Mit dieser Allgemeinverfügung wird lediglich der Übermittlungsweg geregelt, es werden jedoch keine neuen Übermittlungspflichten oder -tatbestände geschaffen.
Zu Ziffer 2:
Es sind begrenzte Ausnahmen von der Nutzungspflicht vorzusehen.
Diese betreffen einerseits große Einrichtungen, die mehr als 50 Benachrichtigungen für Personen ohne den erforderlichen Nachweis abgeben müssten. Angesichts der insgesamt hohen Impfquote in den von § 20 IfSG Absatz 8 IfSG betroffenen Einrichtungen wird die Zahl von 50 Personen ohne den erforderlichen Nachweis nur bei sehr großen Einrichtungen erreicht werden. Bei diesen kann vermutet werden, dass die Datenerfassung ohnehin bereits digital in Form einer Datenbank erfolgt. Es kann daher mit Zustimmung des Gesundheitsamtes auch eine unmittelbare Datenübernahme aus der Datenbank der Einrichtung in die Datenbank des Gesundheitsamtes erfolgen, ohne dass die Daten jeder betroffenen Person einzeln in das Meldeportal eingegeben werden müssen. Voraussetzung hierfür sind die Vollständigkeit der erfassten Daten, die technische Kompatibilität der verwendeten Software (Herstellung einer Schnittstelle ohne weiteres möglich) und die rechtliche Unbedenklichkeit im Einzelfall. Es besteht kein Anspruch der Einrichtungen darauf, diese Ausnahme nutzen zu können, da im Voraus nicht festzustellen ist, ob die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind. Die Ausnahme soll der beiderseitigen Arbeitserleichterung bei der Einrichtung und beim Gesundheitsamt dienen.
Andererseits ist eine Ausnahme für Einzelfälle vorgesehen, bei denen die Nutzung des Meldeportals aus persönlichen oder technischen Gründen nicht möglich bzw. nicht zumutbar ist. Zu den nutzungspflichtigen „Einrichtungen“ gehören beispielsweise nach § 20 Absatz 8 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 33 Satz 1 IfSG auch die Kindertagespflegestellen („Tagesmütter/-väter“). Da diese mitunter sehr klein sein können, wäre hier eine Überforderung vorstellbar. Darüber hinaus ist unklar, ob und in welchem Umfang das Meldeportal barrierefrei ist, sodass es auch in dieser Hinsicht im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Nutzung für die Meldepflichtigen nicht oder nur unter erheblichen Erschwernissen durchführbar ist. Diese Personen sollen - jedoch nur mit Zustimmung des Gesundheitsamtes - notwendige Benachrichtigungen auf einem anderen Wege abgeben können, wobei dieser Weg im Einzelfall durch das Gesundheitsamt festgelegt wird. Es besteht jedoch kein Anspruch darauf, diese Ausnahme nutzen zu können.
Einrichtungen und Personen, die von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen möchten, können die Zustimmung des Gesundheitsamtes ausschließlich per E-Mail an Masernimpfpflicht@region-hannover.de einholen.
Zu Ziffer 3:
Die Region Hannover hat in Ziffer 3 den Zeitpunkt bestimmt, ab dem diese Allgemeinverfügung als bekanntgegeben gilt und damit wirksam wird (§ 1 NVwVfG in Verbindung mit § 41 Absatz 4 Satz 4 VwVfG).
Durch die Befristung ist sichergestellt, dass die Verpflichtung zur Nutzung des Portals fortlaufend evaluiert wird und den aktuellen Erfordernissen angepasst wird. Eine Verlängerung der Geltungsdauer bleibt vorbehalten.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstraße 15, 30175 Hannover, erhoben werden.
Hannover, den 29.07.2022
Der Regionspräsident
In Vertretung
Cora Hermenau
Veröffentlicht am 29.07.2022: Die Allgemeinverfügung zum Herunterladen
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