Region Hannover
Außer Kraft: 08.03.2021 Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung über die Anordnung der Aufstallung von Geflügel zum Schutz gegen die Geflügelpest

Zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest (Hochpathogene Aviäre Influenza) durch Wildvögel ordne ich Folgendes an:
Sämtliches in den nachfolgend näher bezeichneten Bereichen in der Region Hannover gehaltenes Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) ist ab sofort ausschließlich
- in geschlossenen Ställen oder
- unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenabgrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung), zu halten. Netze oder Gitter dürfen zur Vermeidung des Kontaktes zu Wildvögeln genutzt werden, aber nur wenn sie als Abdeckung nach oben eine Maschenweite von nicht mehr als 25 mm aufweisen.
Die Anordnung gilt für folgende Bereiche:
- Bereich des Steinhuder Meeres mit dem gesamten Gebiet der Stadtteile von Neustadt-Mardorf, Wunstorf-Steinhude und Wunstorf-Großenheidorn,
- In der Stadt Hemmingen die Ortsteile Westerfeld, Arnum, Harkenbleck und Wilkenburg,
- In der Stadt Laatzen die Ortsteile Alt-Laatzen, Grasdorf, Rethen und Gleidingen
- In der Stadt Pattensen die Ortsteile Reden und Koldingen
Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme ordne ich im öffentlichen Interesse an.
Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft und gilt so lange, bis ich sie wieder aufhebe. Diese Allgemeinverfügung ersetzt die Allgemeinverfügung vom 20.11.2020, die hiermit aufgehoben wird.
Begründung:
Diese Verfügung basiert auf § 13 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung in Verbindung mit einer Risikobewertung nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung. Der Risikobewertung wurde dabei zugrunde gelegt, dass die ausgewählten Bereiche der Region Hannover Wildvogeldurchzugsgebiet für wildlebende Watt- und Wasservögel sind und als Rastplätze für diese Wildvogelarten dienen. Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut) hat in seiner aktuellen Risikoeinschätzung empfohlen, die Aufstallung von Geflügel risikobasiert, zumindest für Geflügelhaltungen in Regionen mit hoher Wildvogeldichte oder in der Nähe von Wildvogel-Rastplätzen, anzuordnen.
Bei der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) handelt es sich um eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung beim Geflügel, deren Ausbruch immense wirtschaftliche Folgen für alle Geflügelhalter und die Versorgung der Bevölkerung mit Erzeugnissen vom Geflügel haben kann. Eine Empfänglichkeit des Menschen kann gegenwärtig nicht völlig ausgeschlossen werden.
Im Bereich um das Steinhuder Meer wurden am 19.11.2020 in Rehburg-Loccum (Landkreis Nienburg) und am 24.11.2020 in Neustadt-Mardorf Fälle von Aviärer Influenza (AI) bei Wildvögeln festgestellt. Daher wurde in diesem Bereich bereits mit Allgemeinverfügung vom 20.11.2020 durch die Region Hannover eine Aufstallung des Geflügels oder Haltung unter einer Schutzvorrichtung angeordnet. Am 05.03.2021 wurde ein weiterer Fall von Aviärer Influenza bei einer an den Koldinger Teichen tot aufgefundenen Wildgans festgestellt. Insgesamt wurden in Niedersachsen seit November 2020 insgesamt 67 Ausbrüche bei Wildvögeln und 33 Ausbrüche bei Hausgeflügel festgestellt. Nach der aktuellen Risikobewertung des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) ist das AI-Seuchengeschehen in der Wildvogelpopulation weit verbreitet. Nach Einschätzung des FLI besteht weiterhin ein großes Risiko der Einschleppung in Hausgeflügelbestände. Dem kann durch die Aufstallung des Geflügels oder Haltung unter einer Schutzvorrichtung entgegengewirkt werden. Daher muss diese Maßnahme auf weitere Gebiete in diesem Bereich ausgedehnt werden. Wie beim Steinhuder Meer handelt es sich bei der Leinemasch südlich von Hannover um Gebiete mit vielen Zug- und Rastvögeln.
Die angeordnete Maßnahme wurde unter Berücksichtigung des mir eingeräumten Ermessens sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften getroffen. Andere – ggf. mildere – Möglichkeiten, die Tierseuche schnell und wirksam einzudämmen bzw. einer Einschleppung in Hausgeflügelbestände wirksam vorzubeugen, sind für mich nicht ersichtlich. Aus diesem Grund musste die Aufstallung des Geflügels angeordnet werden.
Auf Grundlage der §§ 41 Abs. 4 Satz 4, 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet. Eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung hätte in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung. Ein besonderes öffentliches Interesse ist hier gegeben, weil durch die Ausbreitung der Aviären Influenza unter anderem die Gefahr von gesundheitlichen wie auch von wirtschaftlichen Folgen erheblich wäre und deshalb sofort zu unterbinden war.
Der Schutz hoher Rechtsgüter erfordert – wie in diesem Fall - ein Zurückstehen der Individualinteressen etwaiger Geflügelhalter am Eintritt der aufschiebenden Wirkung infolge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Das öffentliche Interesse an umgehenden Bekämpfungsmaßnahmen zum Schutz gegen eine Weiterverbreitung der Seuche überwiegt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstr. 15, 30175 Hannover schriftlich oder in der Form eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe der Niedersächsischen Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz vom 21. Oktober 2011 (Nds. GVBl. S. 367) oder zur Niederschrift in der Geschäftsstelle Klage erhoben werden. Auf Ihren Antrag kann das Verwaltungsgericht Hannover die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtordnung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ordnungswidrigkeiten:
Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 des Tiergesundheitsgesetzes handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Tierseuchenverfügung zuwiderhandelt. Ordnungswidrigkeiten können mit einem der Schwere der Zuwiderhandlung angemessenem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Rechtsgrundlagen
- Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz)
- Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung)
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
in der jeweils geltenden Fassung.
Hannover, den 08.03.2021
Der Regionspräsident
Im Auftrage
Dr. Spieler