Region Hannover

Außer Kraft 31.03.2021 Allgemeinverfügung der Region Hannover über die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung

zur gebietsbezogenen Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus “SARS-CoV-2” auf dem Gebiet der Region Hannover 

Az. 30.53.80 - 126/2021 

Die Region Hannover erlässt für das gesamte Gebiet der Region Hannover gemäß §§ 28 Absatz 1 Satz 1, 28a Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), § 18 Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 und Absatz 3 Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30.10.2020 (Corona-VO) in der derzeit geltenden Fassung in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nr. 2, § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 NGöGD folgende

Allgemeinverfügung:

1.   Ausgangsbeschränkung

Im gesamten Gebiet der Region Hannover ist das Verlassen einer häuslichen Unterkunft einschließlich der jeweils zugeordneten, privat genutzten Nebenanlagen (z. B. Garten, Balkon, Keller) in der Zeit vom 01. April 2021 bis einschließlich zum 12. April 2021 jeweils in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt.

Erlaubt ist der Aufenthalt in einer anderen als der eigenen häuslichen Unterkunft, solange der Aufenthalt in dieser Unterkunft in Übereinstimmung mit den Regelungen aus der Corona-VO im Hinblick auf die geltenden Kontaktbeschränkungen erfolgt.

Triftige Gründe sind insbesondere:

·    eine notwendige, unaufschiebbare medizinische, psychosoziale oder veterinärmedizinische Behandlung,
·    die Ausübung beruflicher Tätigkeiten,
·    der Besuch von Gottesdiensten und ähnlicher religiöser Veranstaltungen in der Zeit von Gründonnerstag bis einschließlich Ostermontag,
·    der Besuch naher Angehöriger, wenn diese von Behinderung betroffen oder pflegebedürftig sind,
·    die Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,
·    die dringenden Handlungen zur Versorgung von Tieren,
·    die Begleitung Sterbender und von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen,
·    die für die vorstehenden Tätigkeiten jeweils notwendigen Wege,
·    die Durchfahrt durch das Gebiet im überregionalen öffentlichen Personenverkehr oder in Kraftfahrzeugen,
·    die Anfahrt zum Erreichen überregionaler Verkehrsmittel wie Fernzüge und Flugzeuge sowie die Abreise von diesen Verkehrsmitteln jeweils zum Erreichen der eigenen Unterkunft.

Im Fall der Kontrolle sind die triftigen Gründe durch die betroffene Person glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung kann insbesondere durch Vorlage einer Arbeitgeberbescheinigung, eines Betriebs- oder Dienstausweises oder durch mitgeführte Personaldokumente erfolgen. 

2.    Sofortige Vollziehbarkeit

Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar. Eine Klage hat somit keine aufschiebende Wirkung.

3.    Inkrafttreten, Geltungsdauer

Diese Allgemeinverfügung gilt am Tage nach der Bekanntmachung als bekanntgegeben und tritt am 01. April 2021 um 6 Uhr in Kraft. Sie gilt bis einschließlich 12. April 2021, 5:00 Uhr.
 
Das Gebiet der Region Hannover besteht aus folgenden Städten und Gemeinden: 
 
Stadt Barsinghausen, Stadt Burgdorf, Stadt Burgwedel, Stadt Garbsen, Stadt Gehrden, Landeshauptstadt Hannover, Stadt Hemmingen, Gemeinde Isernhagen, Stadt Laatzen, Stadt Langenhagen, Stadt Lehrte, Stadt Neustadt am Rübenberge, Stadt Pattensen, Stadt Ronnenberg, Stadt Seelze, Stadt Sehnde, Stadt Springe, Gemeinde Uetze, Gemeinde Wedemark, Gemeinde Wennigsen, Stadt Wunstorf.


 

Begründung:

Die Region Hannover ist nach § 2 Absatz 1 Nr. 2, § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 NGöGD in Verbindung mit § 3 Absatz 3 NKomVG zuständige Behörde im Sinne des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der derzeit geltenden Fassung und somit auch für die Regelung von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten nach §§ 28 und 28a IfSG zuständig.

Derzeit werden wegen der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie der dadurch ausgelösten COVID 19-Erkrankung deutschlandweit und in der Region Hannover zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider im Sinne von § 2 Nrn. 3 ff. IfSG festgestellt. COVID-19 ist eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG. Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege, aber auch anderer Organsysteme mit den Symptomen Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust. Die Übertragung erfolgt im Wege der Tröpfcheninfektion. Möglich ist außerdem eine Übertragung durch Aerosole sowie kontaminierte Oberflächen. 
Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Bei einem überwiegenden Anteil der Fälle ist die Infektionsquelle weiterhin unbekannt. Diese Gefährdungseinschätzung des RKI als nationaler Behörde nach § 4 Abs. 1 IfSG wird durch vereinzelt geäußerte Zweifel an der Zuverlässigkeit der zum Nachweis von SARS-CoV-2 verwendeten sog. PCR-Tests nicht erschüttert (OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2020, 13 MN 519/20, Rn. 49 ff.).

Vor dem Hintergrund der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen weitere Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems in Niedersachsen sicherzustellen. 

Auch § 28a Absatz 3 Satz 1 IfSG gibt vor, dass die Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nach § 28 Abs. 1 in Verbindung mit u.a. § 28 a Abs. 1 IfSG insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auszurichten sind.

Der Bundestag hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt. Darüber hinaus wurde durch den Niedersächsischen Innenminister gem. § 27a Nds. Katastrophenschutzgesetz am 02.12.2020 das Vorliegen eines außergewöhnlichen Ereignisses von landesweiter Tragweite festgestellt bezogen auf den akuten Bedarf einer schnellstmöglichen Massenimpfung gegen das SARS-CoV-2 (Nds. MBl. 2020, 1503).

Mit der Änderung der Corona-VO vom 27.03.2021 (Onlineveröffentlichung unter https://www.niedersachsen.de/verkuendung/amtliche-verkundung-ersatzverkundung-niedersachsische-corona-verordnungen-196824.html) wurde u.a. die Verpflichtung für die Infektionsschutzbehörden zur Verhängung von Ausgangssperren bei Überschreitung bestimmter 7-Tage-Inzidenzen eingeführt. Dies war in Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung umzusetzen.

Zu Ziffer 1

Rechtsgrundlagen für die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung sind § 28 a Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 IfSG sowie § 18 Absatz 2 Satz 5 und Absatz 3 Corona-VO.

Im Gebiet der Region Hannover wurde der Wert der 7-Tage-Inzidenz von 100 an (mehr) als drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten: am 28.03.2021 war ein Wert von 152,1 zu verzeichnen, am 29.03.2021 betrug der Wert 144,1, am 30.03.2021 153,1 und am 31.03.2021 145,4 (jeweils Angaben des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes).

Die 7-Tage-Inzidenz liegt seit dem 04.03.2021 dauerhaft über dem Wert von 100. Diese Überschreitung ist nach fachlicher Einschätzung – insbesondere aufgrund des Anteils der britischen Virusmutation B1.1.7 in der Region Hannover – von Dauer. In den letzten Tagen wurde darüber hinaus mehrfach die weitere Stufe der 7-Tage-Inzidenz von 150 überschritten. Ein dauerhaftes signifikantes Absinken des Wertes ist während der Geltungsdauer der Allgemeinverfügung nicht zu erwarten, zumal die Inzidenzen aufgrund des zu erwartenden veränderten Testverhaltens über die Osterfeiertage im Geltungszeitraum nicht belastbar sein werden.

Die Voraussetzungen des § 18 Absatz 2 Satz 1 Corona-VO sind damit erfüllt. Der Region Hannover steht damit kein Entschließungsermessen mehr bzgl. des “Ob” des Einschreitens zu. Lediglich hinsichtlich der Mittel des Einschreitens besteht ein Auswahlermessen (Begründung des Verordnungsgebers vom 27.03.2021, Online-Veröffentlichung Seite 12).

Die Untersagung des Verlassens des privaten Wohnbereichs in der Zeit von täglich 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr des Folgetages ist aufgrund der jeweiligen Erkenntnisse aus der Kontaktnachverfolgung, der allgemeinen und regionalen Infektionslage sowie der Ziele des Infektionsschutzes geboten und verhältnismäßig (§ 18 Absatz 3 Satz 1 Corona-VO).

Bisher ergriffene Maßnahmen aufgrund der Corona-VO und den Allgemeinverfügungen der Region Hannover sind nicht ausreichend, um das weitere Infektionsgeschehen eindämmen zu können.

Die Region Hannover führt seit längerer Zeit eine umfangreiche und schnelle Kontaktnachverfolgung durch. In diesem Zusammenhang wurde das Personal im Gesundheitsamt in großem Maße aufgestockt, um Infektionsketten schneller durchbrechen zu können. Eine eigene Organisationseinheit wurde für die Bearbeitung der Infektionsfälle in den Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 IfSG eingerichtet, um dort ebenfalls schneller reagieren zu können.

Im Fall eines positiven Testergebnisses nimmt das Gesundheitsamt unverzüglich Kontakt zu den betroffenen Personen auf, weist sie auf die Absonderungsanordnung hin und informiert sie über das weitere Vorgehen. Die Proben von positiv getesteten Personen werden ergänzend auf die britische Mutationsvariante überprüft.

Auch alle sogenannten K1-Kontakte erhalten eine Absonderungsanordnung und werden auf das Coronavirus getestet. Dieses Vorgehen geht noch über das durch den Bund vorgeschriebene Verfahren hinaus.

Neben den Polizeibehörden führt die Region selbst umfangreiche Kontrollmaßnahmen in den regionsangehörigen Städten und Gemeinden durch. Dies erfolgt durch Personal der regionsangehörigen Kommunen im Auftrage der Region Hannover. Weiter finden im gesamten Regionsgebiet stichpunktartige Kontrollen über die Einhaltung der angeordneten Quarantänen statt. Bei Veranstaltungen (wie z.B. Bundesparteitagen) findet eine Kontrolle in enger Abstimmung mit den Polizeibehörden statt. 

Darüber hinaus beauftragt die Region Hannover zahlreiche Anbieter (bisher ca. 100) mit der Durchführung sogenannter Schnelltests, um Bürgerinnen und Bürgern eine eigenverantwortliche und erweiterte Testmöglichkeit anzubieten. Weiter bietet die Region Hannover verstärkt präventiv Schnelltestangebote in regionsangehörigen Kommunen an, die erhöhte Infektionszahlen aufweisen. 

Seit dem 04.02.2021 wird durch die Allgemeinverfügung der Region Hannover über Regelungen zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zur gebietsbezogenen Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus “SARS-CoV-2” auf dem Gebiet der Region Hannover das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in zahlreichen Lebenssituationen angeordnet, z.B. auf Wochenmärkten oder bestimmen belebten Plätzen. Bereits das Betreten von öffentlichen Verkehrsmitteln als auch der Zugang zu Haltestellen und Stationen des ÖPNV über Zuwegungen und deren Umgebung ist ohne Mund-Nasen-Bedeckung untersagt. Ähnliche Regelungen galten schon zuvor seit Oktober 2020. Zudem enthält auch die Corona-VO eine Vielzahl von Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens, die nicht zu einer dauerhaften Senkung der Infektionszahlen in der Region Hannover geführt haben.

Derzeit ist regionsweit kein konkreter Infektionsherd (Einrichtung, Betrieb) mehr als ausschlaggebend erkennbar. Die regionsangehörigen Städte und Gemeinden weisen annähernd durchgängig eine 7-Tages-Inzidenz von weit über 100 auf. Zum Teil liegen die Inzidenzwerte noch deutlich höher. Bei fünf Kommunen (Seelze, Gehrden Langenhagen, Lehrte und Ronnenberg) liegt die Inzidenz derzeit an bzw. über dem Wert von 200. Zwar waren in der Vergangenheit gehäufte Infektionsketten in Alten- und Pflegeheimen aufgetreten. Derzeit stellt sich das Infektionsgeschehen allerdings als diffus und nicht mehr räumlich eingrenzbar dar.

Beim überwiegenden Anteil der Fälle kann auch nicht mehr nachvollzogen werden, woher eine Ansteckung resultiert. Die Orte und Zeitpunkte der Ansteckung können von erkrankten Personen überwiegend nicht benannt werden, so dass auch nicht mehr zugeordnet werden kann, ob das Infektionsgeschehen aus dem familiären und privaten Umfeld beispielsweise in die Arbeitsplätze getragen wird und vor den Osterferien auch in die Schulen getragen wurde oder umgekehrt. Insbesondere durch die Virusmutation B.1.1.7, die sich mit einer höheren Geschwindigkeit verbreitet, ist ein konsequenteres Handeln zu den bereits vorgegebenen und oben aufgeführten Maßnahmen des Landes und der Region Hannover erforderlich.

Unmittelbares Ziel der nächtlichen Ausgangsbeschränkung ist es, die Anzahl physischer Kontakte in der Bevölkerung umgehend und flächendeckend auf ein absolutes Mindestmaß zu reduzieren. Bei Zusammenkünften von Menschen besteht eine deutlich erhöhte konkrete Gefahr, sich mit dem Coronavirus anzustecken und dieses unwissentlich und damit unkontrolliert weiterzuverbreiten. Der Erlass einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung führt dazu, dass für einen wesentlichen Zeitraum Kontakte reduziert und daher die Gefahren der weiteren Ausbreitung wesentlich gemildert werden. Nur durch die weitestgehende Beschränkung von Kontakten lässt sich die derzeitige pandemische Lage im Rahmen einer Trendwende umkehren und eine nachhaltige Abflachung der Infektionskurve herbeiführen. 

Die Ermächtigungsgrundlage in § 28 a Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und insbesondere Absatz 3 Satz 2 IfSG sehen eine Bezugnahme der notwendigen Maßnahmen auf die gesamte Landkreis- bzw. Regionsebene vor. Im Fall der Region Hannover handelt es sich um einen großflächigen Verflechtungsraum, in dem täglich eine sehr hohe Anzahl von Personen zwischen dem Wohn- und Arbeitsort pendelt. Es ist deshalb nicht geeignet, nur auf die Inzidenz z.B. am Wohnort abzustellen, obwohl sich zahlreiche Personen den Tag über am Arbeitsort, also in anderen Kommunen, aufhalten. Werktäglich wird der Hauptbahnhof Hannover von mehr als 500.000 Personen frequentiert, was fast der Hälfte der Gesamteinwohnerzahl der Region entspricht. Hinzu kommt der gerade in Coronazeiten stark genutzte Individualverkehr.

Aus diesen Gründen kann in der derzeitigen Situation nur auf die Gesamtinzidenz im Regionsgebiet abgestellt werden und die Maßnahmen müssen entsprechend im gesamten Regionsgebiet Anwendung finden.

Aufgrund dieser regionsweiten Verflechtung ist die Inzidenz am jeweiligen Wohnort nicht allein ausschlaggebend. Aufgrund der unterschiedlichen Größe der einzelnen Städte und Gemeinden und der Bindung an die Einwohnerzahlen wirken sich einzelne Ausbruchsgeschehen zudem örtlich deutlich stärker aus, als auf das Regionsgebiet im Ganzen bezogen. 

Durch die nächtliche Ausgangsbeschränkung werden zwar die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG, und der Freizügigkeit, Art. 11 Abs. 1 GG, massiv eingeschränkt, allerdings überwiegen in der Abwägung die geschützten Rechtsgüter auf körperliche Unversehrtheit und des Lebens, Art. 2 Abs. 2 S. GG. Die körperliche Unversehrtheit und das Leben anderer Personen sind Rechtsgüter, deren Schutz größte Anstrengungen der staatlichen Behörden rechtfertigt, womit auch die Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit für einen bestimmten Zeitraum einhergehen kann. Bei vergangenen Kontrollen durch die Ordnungsbehörden konnte ein erheblicher Anteil an Verstößen gegen die Kontaktbeschränkungen in den Abend- und Nachtstunden festgestellt werden, so dass durch diese Verfügung zumindest auch ein wesentlicher Anteil zur Kontaktreduzierung beigetragen wird. Eine solche Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist auch daher notwendig geworden, weil das Infektionsgeschehen aufgrund der diffusen Verbreitungssituation nicht mehr nachvollzogen werden kann. Es sind sowohl Schulen, Kindergärten, Arbeitsstätten als auch Familien und Freundeskreise vom Infektionsgeschehen betroffen. Diese Infektionen dürfen nicht bei abendlichen und nächtlichen Treffen im privaten familiären und freundschaftlichen Umfeld weiterverbreitet werden. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Übertragung durch die Virusmutation erheblich schneller und leichter vollzogen wird. Ein direkter Kontakt muss nicht zwingend stattfinden. Daher gilt es, solche längeren Kontakte in Privaträumen und auch in der Öffentlichkeit, etwa bei abendlichen Treffen in Parks oder ähnlichen Gebieten, möglichst zeitlich einzuschränken. Bei einer Infektion mit dem Coronavirus kommt es in der Regel zu erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen, bei der sich das Virus neben einer Erkrankung der Lunge auch in vielfältiger Weise in anderen Organsystemen manifestieren kann. Weiterhin ist bis zum heutigen Tage nicht absehbar, welche Langzeitauswirkungen und (irreversiblen) Folgeschäden mit der Erkrankung einhergehen. Demgegenüber wird die nächtliche Ausgangsbeschränkung begrenzt auf einen überschaubaren Zeitraum erlassen und betrifft lediglich einen geringen Zeitrahmen von sieben Stunden, der sich zudem auch noch in einem Zeitfenster bewegt, das mit den in der Bevölkerung verbreiteten Ruhe- und Schlafenszeiten übereinstimmt. Die Verhältnismäßigkeit der nächtlichen Ausgangsbeschränkung ist gewahrt, weil ein Verlassen der Wohnung aus triftigen Grund möglich ist. So wird eine notwendige Bewegungsfreiheit auch zu dieser Zeit sichergestellt.

Im Ergebnis ist die Ausgangsbeschränkung geeignet, der Verbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken. Sie ist ferner erforderlich, da ansonsten eine nicht mehr beherrschbare Verbreitung des Erregers droht. Die getroffene Maßnahme steht durch ihre vergleichsweise geringe Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zu den durch sie geschützten elementar wichtigen Rechtsgütern des Lebens und der Gesundheit. Die Anordnung ist daher angemessen. Sie dient dem Schutz des Allgemeinwohls und der Gesundheit des Einzelnen, da durch eine Infektion mit dem Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 ein Mensch an Leben, Leib oder Gesundheit gefährdet werden kann. Entsprechend war auch der Schutz des Lebens sowie der Gesundheit der Allgemeinheit mit in die Abwägung einzubeziehen.

In eine Folgenabwägung ist bereits jetzt die Überlegung einzubeziehen, dass im Fall einer noch stärkeren unkontrollierbaren Ausbreitung des Virus Maßnahmen ergriffen werden müssten, die noch stärker in die Freizügigkeitsrechte der Betroffenen eingreifen müssten. Dies gilt es mittels der nun vorhandenen zeitlichen Eingrenzung und getroffenen Ausnahmeregelungen zu verhindern.

Der Kern der Regelung in § 18 Absatz 3 Satz 1 Corona-VO ist der “private Wohnbereich”. Dieser ist sowohl auf die eigene Wohnung als auch das Wohnhaus zu beziehen. Diese dürfen somit grundsätzlich nicht verlassen werden. Da nicht alle Personen über einen eigenen privaten Wohnbereich oder auch nur einen festen Wohnsitz verfügen, wird hier der etwas weitere Begriff der “Unterkunft” gewählt, der z. B. auch auf Gemeinschaftsunterkünfte und vergleichbare Einrichtungen anwendbar ist. Darunter kann auch das Zelt- oder Schlaflager von obdach- oder wohnungslosen Personen verstanden werden.
Je nach konkreter örtlicher Situation kann es Verhaltensweisen geben, die den Tatbestand des Verbotes bereits nicht verletzen, z.B. das Betreten des eigenen Balkons oder das Aufsuchen von Außenbereichen des bewohnten Grundstücks, wenn diese Bereiche der jeweils bewohnten Wohnung zugewiesen sind (z. B. eigener Gartenbereich).

Es waren aufgrund der erheblichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der betroffenen Personen auch Ausnahmen von der Ausgangsbeschränkung zu bestimmen. 

Neben den in § 18 Absatz 3 Satz 3 Corona-VO beispielhaft genannten Ausnahmen sind weitere notwendige und angemessene Ausnahmetatbestände ausdrücklich aufgenommen worden. Bereits der Verordnungsgeber beschreibt das Ausführen von Haustieren als zulässig (Begründung der Verordnung, Seite 12); es wird als Handlung zur Versorgung von Tieren angesehen.
Der Verordnungsgeber selbst schließt Reisen in dem betreffenden Gebiet und tagestouristische Ausflüge als triftige Gründe aus, nicht aber die Erreichbarkeit zum Beispiel von Flughäfen und Bahnhöfen.

Zu Ziffer 2:

Die sofortige Vollziehbarkeit ergibt sich bereits aus § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG.

Zu Ziffer 3:

Die Region Hannover hat in Ziffer 3 den Zeitpunkt bestimmt, ab dem diese Allgemeinverfügung als bekanntgegeben gilt und damit wirksam wird (§ 1 NVwVfG in Verbindung mit § 41 Absatz 4 Satz 4 VwVfG).
Die Geltungsdauer der Allgemeinverfügung war bis zum 12. April 2021 zu befristen, da angesichts der derzeit steigenden Infektionszahlen objektiv nicht absehbar ist, wann das Infektionsgeschehen in Zukunft so rückläufig sein wird, dass die Anordnungen aufgrund der beständigen geringen Zahl von Neuinfizierten in der 7-Tage-Inzidenz nicht mehr verhältnismäßig sind. Der Zeitraum umfasst zunächst die Osterfeiertage und die darauf folgende Woche.
Es findet eine fortlaufende Überprüfung der Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung in den jeweils letzten sieben Tagen sowie der weiteren entscheidungserheblichen Sachlagen, wie etwa das Verhalten der Bevölkerung im Regionsgebiet, statt. Dabei werden u.a. die vom zuständigen Ministerium für Gesundheit bekannt gegebenen Werte zugrunde gelegt. Bei einem rückläufigen Infektionsgeschehen wird überprüft, ob bereits vor Ablauf der Befristung die Allgemeinverfügung aufgehoben werden kann.
Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgt über die Internetseite www.bekanntmachungen.region-hannover.de.
 

Rechtsbehelfsbelehrung 

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstraße 15, 30175 Hannover, erhoben werden.

Hannover, den 31.03.2021
Der Regionspräsident
Hauke Jagau

Veröffentlicht am 31.03.2021 - Die Allgemeinverfügung zum Herunterladen